DER LANGE WEG ZUR „REUTERSTADT“

Vor 75 Jahren, am 12. Juli 1949, erhielt Stavenhagen den Ehrentitel „Reuterstadt“

Fritz Reuters Erzählungen „Ut de Franzosentid“ und „Meine Vaterstadt Stavenhagen“ hatten den Namen der Stadt in die Welt hinausgetragen. Allerdings gestaltete sich der Umgang Stavenhagens mit ihrem großen Literaten lange Zeit schwierig. Den Bürgern war ein Erbe in den Schoß gefallen, zu dem sie wohl oder übel ein Verhältnis bilden mussten. Und so schickten sie sich immer wieder an, ihren Reuter zu ehren, sporadisch, vorwiegend zu Jubel- oder Gedenktagen.

Dem ab 1922 amtierenden Bürgermeister Dr. Burmeister verdankt Stavenhagen wesentliche Impulse zur Erneuerung des Gedenkens an Fritz Reuter. 1924 gründete sich auf dessen Initiative ein Fritz-Reuter-Verein, der schon bald darauf in Reuters Geburtszimmer eine erste Ausstellung mit „Reutererinnerungen“ einrichtete. Der nahende 50. Todestag Fritz Reuters veranlasste den Bürgermeister, erstmals einen offiziellen Antrag zur Verleihung des Namenszusatzes „Reuterstadt“ an die Landesregierung zu stellen – vergeblich.

Im Januar 1949 begannen unter der Leitung des Bürgermeisters Paul Funck die Vorbereitungen für die Ehrungen anlässlich des 75. Todestages Fritz Reuters am 12. Juli. Bürgermeister und Rat verfolgten ehrgeizige Ziele: an diesem Tag sollte es nicht nur eine Jubiläumsfeier geben, es sollte auch ein kleines Fritz-Reuter-Museum im Rathaus eingerichtet werden. Außerdem wurde beschlossen, an die Landesregierung heranzutreten und erneut um die Zusatzbenennung in „Reuterstadt“ zu bitten.

Am 18. Mai 1949 stellte der Rat der Stadt Stavenhagen einen offiziellen Antrag an das Ministerium des Innern in Schwerin. Darin heißt es:

„Wenngleich die Zeit vorüber ist, da sich manche Stadt im Reiche bemühte, als Bade- oder Luftkurort einen Beinamen zu erhalten, dürfte es im Lande Mecklenburg eine einmalige Erscheinung sein, wenn wir hiermit den Antrag stellen, unserer Stadt Stavenhagen als erster und einziger Stadt Mecklenburgs den Namen ‚Reuterstadt Stavenhagen‘ zu verleihen […] Dass die gewünschte Ehrung wohl auch im Sinne der Besatzungsmacht liegt, dürfte die Tatsache erweisen, dass Herr Oberst Serebriski (Generalkommando Schwerin), ein guter Kenner des Reuter‘schen Erbes und seiner Werke, vor zwei Jahren unserer Stadt die grösste Aufmerksamkeit widmete und unser Rathaus (Reuters Geburtshaus) zu einer zentralen Reuter-Gedächtnisstätte ausgebaut wissen wollte.“

Die Vorbereitungen für die Reuterehrung liefen auf Hochtouren. Das Festprogramm stand fest, trotz Papiermangels wurde eine Festschrift gedruckt. Der Carlsruher Maler und Illustrator Paul Tomitzek gestaltete ein Plakat und eine Sonderbriefmarke. Für die Einrichtung des Fritz-Reuter-Museums sandte das Eisenacher Museum Leihgaben aus dem Besitz des Schriftstellers, die Stadt Neubrandenburg stellte aus der sog. „Reutertruhe“ einige Handschriften Reuters zur Verfügung. Dennoch wurde man in Stavenhagen allmählich nervös. Seit der Antragstellung auf Umbenennung waren fast sieben Wochen vergangen, der 12. Juli rückte immer näher. Nach telefonischer Rücksprache teilte die Landesregierung am 7. Juli 1949 dem Rat der Stadt dann endlich mit: „Mit Regierungsbeschluss vom 4. Juli 1949 wurde der Vorschlag zur Umbenennung der Stadt Stavenhagen, Geburtsstadt des Volksdichters Fritz Reuter, in Reuterstadt Stavenhagen anläßlich des 75. Todestages des Dichters am 12.7.49 gebilligt.“

So überreichte der Minister für Volksbildung Gottfried Grünberg am 12. Juli 1949 feierlich die Bestätigungsurkunde für den Namen „Reuterstadt“, unterzeichnet war diese im Auftrag der Landesregierung Mecklenburgs von Innenminister Hans Warnke. Am 4. August 1949 verabschiedete der Landtag des Landes Mecklenburg in seiner 48. Vollsitzung letztendlich ein Gesetz, das den Regierungsbeschluss vom 4. Juli noch einmal bestätigte. Stavenhagen war jetzt endlich offiziell und unwiderruflich „Reuterstadt“.